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Mein längster Tag
Teil 2
Um viertel vor eins geht es dann von der Jausenstation Hasahüsli weiter Richtung obere Frechalp Hütte.
Heute schiebe ich, im Gegensatz zur Erstbefahrung, die lange steile Schotterrampe rauf bis zum Wasserfall.
Per Pedes gönne ich mir also eine kurze, aktive Erholung und bilde mir ein, mich noch etwas erholen zu müssen.
Es ist sehr heiss und nach den ersten Höhenmetern zu Fuss, beschleicht mich wieder dieses mahnende Gefühl, das mir allzu deutlich klar macht:
Du bist zu langsam unterwegs Mipelchen. Du musst und willst Du den Fimbapass im Hellen erreichen, einfach schneller voran machen.
Ich zieh mir schon wieder Riegel rein und das Wasser ist hier oben auch eher knapp.
Diese Bergfahrt rauf zu Frechalphütte, ich sage euch, sie will und will kein Ende nehmen. Ich drücke den schweren Gang wie gewohnt an den anderen schiebenden Bikern vorbei. Ich grüsse nur noch, falls aufgefordert, nur kurz und hoffe, dass keiner Fragen bezüglich meines Rades stellt. Falls doch, tue ich einfach so als ob ich ihrer Sprache nicht mächtig bin. Zu sehr muss ich mich konzentrieren, mein Tempo zu beobachten, meine Atmung ruhig einzustellen und mit der Restenergie haus zu halten.
Um 14:45 Uhr erreiche ich dann endlich die kleine Hütte.
Das Tempo nimmt ab und schon jetzt treiben mich nicht mehr wirklich nur noch die bereit stehenden Kräfte, sondern etwas anderes, etwas neues und sonderbares an.
Ich habe Riva als Ziel längst aus meinem Gedächtnis verdrängt, also mache ich mir weiss, dass ich ja weniger vollbringen muss als anfänglich geplant und male mir schön, das dieser einzelne Tag ja auch nur ein Einzelner ist, der ja dann irgendwann einmal wie jeder einzelne Tag auch zu Ende sein wird. Aber dieser Tag heute ist lang, irgendwie sehr lang.
Nun bin ich also unterwegs in Richtung der wunderschönen Scheidseen. Mit geschultertem Bike geht es auf beschwerlichem Weg weiter durch das Hochmoor. Der Tag ist eigentlich wunderschön alles drum herum ist still und friedlich nur ich komme mir mit meiner Aktion irgendwie ein bisschen unwirklich vor, wie ein ETWAS was gar nicht so recht in das so idylische Bild passen will oder so wohl von niemandem geplant war.
Andere Biker selbst noch im Wandern zu überholen, gibt mir letztendlich aber doch ein bestätigendes Gefühl auf dem richtigen Kurs zu sein.
Ich muss beim Tragen sehr aufpassen, dass ich nicht mit den Füssen (besonder mit dem halbgelähmten Linken) auf den verblockten Pfaden umschlage. Konzentration ist angebracht. Der Kampf kam mir irgendwie ewig vor und auch als die Wege, wie unten zu sehen, endlich wieder offener wurden, weiss ich, es wird gleich zwar wieder anders aber nicht unbedingt einfacher.
Ich habe seit Stunden auf diesen Anblick gewartet und gehofft, er würde sich stolz präsentieren. Alleine der Anblick dieses unglaublich steilen Moränenrückens sorgt für die Verbrennung weiterer Körner. Hier lässt sich der Aufstieg schon sehr schön erkennen. Er weisst mir gleichzeitig den Weg zur Heilbronner Hütte.
Nichts desto trotz, habe ich die Zeit im Nacken und ich weiss jetzt schon, es geht um Minuten. Eine Panne, Sturz oder Verfahren würde mein Vorhaben einfach so puff, scheitern lassen. Ich konzentriere mich so gut es geht auf das was ich mache. Ich habe keine Augen für das drumherum. Die Landschaft hier oben und auch das bereits hinter mir gelassene Silbertal sind so wunderschön. Ich aber konzentriere mich nur noch auf den 2-Meter Radius meines Vorderrades.
Die Rosanna führt heute wenig Wasser und eine direkte Querung könnte mir einige wertvolle Minuten einbringen. Die Brücke weiter hinten am Beginn des Ochsentals lasse ich links liegen.
Ich frage mich nicht mehr was ich hier treibe ich bin gefangen in dem was ich tue. Eine halbe Stunde stosse, trage, fahre ich ab dem Bach bis zur Heilbronner Hütte.
Das Einklicken mit den neuen Cleats in die recht stramm eingestellen Pedalle macht vor Kraftmangel bereits erste Problem. Es macht keinen Sinn mehr für zu kurze Fahrstück auf zu steigen. Doch dann kommt sie endlich:
Erst um 16:10 Uhr befinde ich mich dann endlich auf der rasanten Abfahrt übers Zeinisjoch.
Richtung Galtür (16:35 Uhr) und weiter nach Ischgl (16:45 Uhr). In Ischgl angekommen, beschreibe ich meinen Zustand als schon ziemlich fertig. Viele Biker, die aussehen als hätten sie Spaß an dem was sie da tun, schauen mich sehr ungläubig an.
Noch 3 ½ Stunden bis es dunkel wird und die Zweifel, bereits um 19:00 Uhr auf der Passhöhe zu stehen, sind gross.